Sonntag, 22. August 2010

Nur fünf Stunden...

Bevor die Katzen vor fünf Tagen zu uns kamen haben wir natürlich unseren Freunden, Verwandten und Nachbarn von ihnen erzählt. Alles sehr liebe, sehr gutmeinende Menschen, denen es ein Ausdruck ihrer Zuneigung und Mitfreude war uns mit "zukünftige Katzeneltern" und besonders mich mit "Katzenmama" zu titulieren. Den "Katzenvati" haben sie Dem Mann zum Glück erspart.

Mich haben diese Titel jedes Mal mit Befremden erfüllt. Ich hatte schon mal eine Katze (vor 20 Jahren) und damals für unseren Lebensmodus die Überschrift "gemeinsames Basislager" gefunden. Mein Kater war sehr selbständig. Ich auch. Er führte sein Leben. Ich meines. Ab und zu traf man sich zu gemeinsamen Streichelstunden, Schläfchen und Mahlzeiten. Einmal stahl er mir ein Rippchen von meinem Teller und knurrte und fauchte mich an, als ich es mir zurückholen wollte. Ansonsten hatten wir eine sehr friedliche Koexistenz. Sehr respektvoll. Wie lieb er mich hatte (so aus Menschsicht gesehen) wurde mir erst klar als ich ihn Jahre später, nachdem ich zum Studieren fortgezogen und ihn bei meinen Eltern zurückgelassen hatte, bei einem Besuch daheim beobachtete wie er sich schnurrend in meine Schmutzwäsche vergrub und hingebungsvoll miaute und tretelte.


Gemeinsames Basislager - das war auch so ungefähr meine Vorstellung als ich vor fünf Tagen nachmittags in das Auto einstieg, in dem auf dem Rücksitz die Transportbox mit den beiden Kitten stand. Beide waren 14 Wochen und ein paar Tage alt, alt genug nach Meiunung der Katzenexperten, um von ihrer Mutter getrennt zu werden und ein neues Leben zu beginnen.

Wladimir hatte sich vom ersten Augenblick an in der Tranportbox relaxt hingelegt und harrte ruhig der Dinge, die da kommen. Coco, die von Haus aus so eine Art sensibles Freiheitswesen ist, lief von einer Ecke in die anderen und setzte sich schließlich auch hin. Aufmerksam beobachtete sie die vorbeirauschende Landschaft in den Fenstern. Blieb aber sonst ganz ruhig. Sehr gut, dachten wir. Das ist ja einfach, dachten wir. Schließlich lag ein vier bis fünf Stunden langer Weg vor uns.

Irgendwann nach einer guten Stunde muss den beiden wohl klar geworden sein, dass das nicht nur eine unerfreuliche und unbequeme Episode in ihrem Leben ist, sondern, dass die ganz Angelegenheit länger und anstrengender war, als sie sich zu Beginn vorgestellt hatten. Und vielleicht auch beängstigender. Wladimir war der Erste der rief. Ein sehr jämmerliches, sehr kleinkätzisches langgezogenes Miau. In das Coco irgendwann einstimmte. Ich kann es natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich glaube sie riefen nach ihrem Rudel. Und bei Wladimir glaube ich auch den Mama-Ruf herausgehört zu haben, für den er seit seinen ersten Lebenstagen bekannt ist. Es war jedenfalls herzzerreißend. Und so kam es, dass wir die nächste Parkbucht ansteuerten, um den beiden Wasser anzubieten, das sie nicht wollten, beruhigend auf sie einzureden und unsere Finger ablecken zu lassen.

Tatsächlich hat sie das beruhigt - zumindest eine zeitlang. Die Fahrt ging weiter. Bis irgendwann Coco einen richtigen Rappel bekam. Ich glaube, ihr hat die Enge der (schon großzügig bemessenen) Box und der Bewegungsmangel mehr zu schaffen gemacht als Wladimir. Coco jammerte und hängte sich kopfüber mit allen Vieren an die Gitterstäbe. Es fehlte nur noch, dass sie dramatisch an ihnen rüttelte. Sie jammerte und jammerte, während ich am Steuer saß und es plötzlich nahezu unmöglich fand, die Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h einzuhalten. 80 km/h! Auf der Autobahn! Vollkommen überzogen! So unübersichtlich war die Baustelle nun wirklich nicht!  - Zu meinem Glück gab es keine Geschwindigkeitskontrollen.

Wieder hielten wir an. Wieder wollte niemand Wasser trinken, sondern nur in aller Ruhe erzählen, was für ein Mist es ist in einer Tranportbox zu hocken, wenn man doch eigentlich jagen und spielen und rennen will. Wieder wurden sie ruhiger. Als nach vier Stunden die Nacht hereinbrach, lagen sie eingerollt und ineinandergekuschelt und schliefen. Oder taten zumindest so. Kurz vor dem Ziel gab es noch eine Runde klagendes, fragendes Miauen. Und ich schäme mich nicht zu berichten, dass ich anfing den beiden von ihrem neuen Zuhause zu erzählen und ihnen mit einschmeichelnder Stimme zu versichern, dass wir gleich, wirklich gleich da sind und sie es dann geschafft haben und was Leckeres zu essen kriegen und das alles gut ist, und wenn es nicht gut ist, so doch zumindest gut wird. Ganz, ganz bald.....

Als wir schließlich nach  fünf Stunden Fahrt abends in unserem Zuhause ankamen war die Transformation vollzogen. Unsere Transformation, die der Menschen: Aus unabhängigen, mehr oder weniger egozentrischen, ständig um sich selbst und ihre Arbeit kreisenden Intellektuellen sind zwei verantwortungsvolle Katzenrudelführer geworden, deren erster Gedanke beim Aufwachen dem Frühstück der Katzenkinder gilt. Und deren zweiter Gedanke fortlaufend um die Exkremente dieser Katzenkinder kreist: um Katzenkacke!

Denn die beiden haben seit dem ersten Häufchen in unserem Heim fast ausschließlich helle, teils stinkende Breichen fabriziert, von denen noch zu berichten sein wird. Und wegen denen ich vor zwei Tagen bis halb vier Uhr morgens in diversen Katzenforen recherchiert habe. Und seit ich mich das allererste Mal über ein korrekt geschissenes, formschönes dunkelbraunes Würstchen so richtig gefreut habe, ist es amtlich: Ihr dürft mich jetzt alle Katzenmama nennen.

1 Kommentar:

  1. Hallo liebe Katzenmama! (jetzt, wo es amtlich geworden ist...) ;-)
    Nun geselle ich mich mal für ein Weilchen zu dir/euch und hab einfach nur Spaß euch zu lesen.
    Gerade neulich schaute ich mir wieder mal "meine Frau, meine Schwiegereltern und ich" an.
    Mr. Jingles ?, der hochbegabte Kater, der ja als einziger seiner Spezies sein Geschäft auf einem Menschenklo verrichten kann... *g*
    Wer weiß, wer weiß?

    Ich wünsch euch noch weiter viel Spaß im Rudel!

    Lieber Gruß von K.

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